Winter auf Sizilien (Teil II: der Süden und jede Menge Tempel)

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Die Gegend im Süden von Sizilien ist ganz anders als im Norden mit seinen schroffen Bergen. Hier ist es flach oder bestenfalls leicht hügelig. Dafür gibt es vor allem viel Historisches zu entdecken.

Erstes Ziel ist das Gelände der Tempel in Selinunte. Das Areal ist riesig, auf zwei gegenüberliegenden Plateaus gibt es Reste von Tempeln, Plätzen und Häusern. Wirklich einzigartig ist, dass man die Tempel von einem Hügel zum nächsten so sieht, als stünden sie alleine in der Landschaft. Die Ausblicke sind fabelhaft, es ist zwar auch immer noch stark windig, aber mit Sonne lässt es sich gut aushalten. So erwandern wir die Tempelberge, dazwischen entdecken wir alte Siedlungsreste und Plätze. Im Windschatten sitzen wir und essen ein paar Kekse mit Blick aufs Meer.

Zu den Tempeln gehört ein alter Steinbruch, wo man noch die runden Steine sieht, die für die Säulen verwendet wurden. Bei einem Überfall der Karthager wurde Selinunte zerstört, aus dieser Zeit stammen die letzten runden Steine, auf denen wir nun herumklettern.

Hier in der Gegend gibt es auch weite Flächen an Olivenbäumen. Um die Jahreszeit werden gerade die Äste geschnitten. Dazwischen wachsen vereinzelt Zitrusfrüchte. 

Unser nächstes Ziel ist Agrigento und das Tal der Tempel. Wir checken am Abend mal wieder auf einem Campingplatz für eine Dusche ein.

Wie brave Touristen sind wir fast die ersten in der Früh im Tal der Tempel und verzichten auch auf die angebotenen Taxidienste. Vom unteren Eingang ausgehend wandern wir alle Tempel ab. Wir fragen uns, wie die Säulen errichtet wurden, warum manche Steine U-Fräsungen haben und mutmaßen, was bei den Tempeln noch echt alt ist und was über die Jahre dazugeflickt. Wieder finde ich es unbeschreiblich beeindruckend, dass man die Tempel frei auf den Hügeln stehen sehen kann in diesem riesigen Areal. Dahinter sieht man bis zum Meer und zum neuen Agrigento hinauf. Ich kenne keine ähnliche riesige Anlage, wo ich schon gewesen wäre.

Wir gehen auch zu dem dazugehörigen Museum hinauf, zwischen Mandel und Olivenbäumen hindurch. Oben versperrt uns ein Tor den Ausgang, das wir kurzerhand überklettern. Im Museum finden sich allerlei Funde aus den Tempelstädten – Lampen, Vasen, Statuen, die unser Bild von der damaligen Zeit komplettieren.

Auf dem Weg retour kaufe ich bei einem Straßenverkäufer eine ganze Steige lila Artischocken. Ich will ihm begreiflich machen, dass das viel zu viel ist für uns, aber er gestikuliert und sagt, er verkaufe nur steigenweise. Und so haben wir dann eben einen Unmenge an Artischocken, aus denen wir für das Abendessen die Böden auslösen. So ein Festessen!

Wir parken für diese Nacht in Lido Rosello, Da noch genug Zeit ist, machen wir uns zu Fuß auf zur Scala del Turchi. Wir wandern am Strand an den Kreidefelsen entlang, klettern über Steine und gelangen so zur Scala. Wir klettern von unten hinauf und gehen auf den weißen Steinsimsen bis zur Kante vor.

Die weißen Felsen leuchten in der Abendsonne, und wir genießen die Wärme. Zurück geht es wieder am Strand und nicht weit von unserem Bus entfernt warten wir bis die Sonne um Meer versinkt. Und dann ist es auch schon wieder ganz schön kühl.

In der Früh liegen wir so lange im Bett herum bis es warm genug ist, um am Strand zu frühstücken. Wir nehmen alles mit und machen es uns auf einem großen Felsen gemütlich. Wir trinken Kaffee, schauen in die Sonne und genießen die Wärme. So muss Weihnachtsurlaub im Süden!

Dann wollen wir zum Leuchtturm von Lido Rosello hinaufgehen, aber das Gelände ist abgesperrt. Wir sind schon am umdrehen, da kommt ein Mann mit einem Hund auf uns zu und meint, er sei der Eigentümer der Liegenschaft. Und führt uns zum Leuchtturm hinauf! Was für ein Glück! Er erzählt uns, dass er im Sommer einen Imbiss betreibt und die Touristen wegen der schönen Aussicht kommen. Der Leuchtturm ist wie überall in Italien Militärgebiet, aber wir genießen die Aussicht auf den Ort retour und auf die benachbarte Bucht. Der Eigentümer sagt, dass Lido Rosello fast nur aus sizilianischen Ferienhäusern besteht und fragt uns über unseren bisherigen Reiseverlauf aus. Die Unterhaltung auf italienisch mit ein bisschen Händ und Füss ist ein bisschen schwierig, aber es geht.

Über Porto Empedocle fahren wir in Richtung Osten. Im Ort kaufe ich endlich Briefmarken. Die beiden Damen in der Trafik streiten sich, ob Österreich nun wirklich in der EU ist, aber ich bekomme dann – so hoffe ich – die richtigen Briefmarken. Gleich daneben kaufe ich noch zwei kleine Branzinos – für jeden einen – zum Abendessen. Die Fischgeschäfte haben trotz Sonntag offen und die Verkäuferin bestätigt mir, dass der Fisch vor Ort gefischt wurde.

Nächstes Ziel ist die Punta Bianca. Nach einem guten Stück Holperstrasse parken wir und gehen zu Fuß weiter. Über die Felder, vorbei an Orchideen, Zwergpalmen und grünen Wiesen, dann steil bergab. Gegenüber wird deine Herde Schafe auf die nächste Weide getrieben, es sieht aus, als ob die Tiere über die Wiesen fließen. Die Punta Bianca ist ähnlich der Scala del Turchi aus weißem Stein, nur das Gebiet ist kleiner. Wir schauen uns um und jausnen hinter dem verfallenen Haus auf den weißen Steinen.

Zum Schluss besuchen wir noch die Burg Montechiaro, die hoch über dem Meer thront. Viele alte Türme und Burgen gibt es an der Küste, viele spektakulär gelegen. Und überall bieten sich weite Ausblicke über das Meer, wo wir auf der anderen Seite immer Tunesien erahnen. André macht Bekanntschaft mit giftigen Spritzgurken, eine ganz besonders eigenartige Pflanze, die bei Berührung explodiert und eine ätzende Flüssigkeit verspritzt.

Den Abend verbringen wir am Torre Manfria, der ebenfalls hoch über dem Meer thront.

Am nächsten Tag haben wir uns vorgenommen, die Villa Casale im Landesinnern zu besuchen. Wir fahren von der Küste nach Norden und legen noch einen Stopp in Butera ein, das spektakulär auf einem Felsen hängt. Bei der Stadteinfahrt lassen wir unseren Bus stehen und gehen durch die schmalen Gassen. Viele Häuser stehen zum Verkauf, teilweise sind Häuser auch verlassen, teilweise aber auch renoviert. Hausnummern wurden anscheinend mal geändert und einfach auf den Häusern ausgebessert. In der Kirche ist grad Messe, die auch über Lautsprecher nach außen übertragen wird, so dass jeder die Gesänge mitverfolgen kann. Auf dem Hauptplatz sitzen die Männer vor der Bar, die Carabinieri schieben davor ihren Dienst. Vom Ort aus sieht man bis zum Etna, der nach dem Regen dampft.

Wir fahren weiter in Richtung Norden. Wir sind schockiert, wie teilweise Berge von Müll einfach am Straßenrand entsorgt wird. Bei Wind fliegen die Plastik- und Papierteile dann über die Felder. In Landesinneren werden Mandeln und Oliven angebaut, immer wieder gibt auch Zitrusbäume. Auch Kakteen werden gepflanzt, wohl um die Kaktusfeigen zu ernten. Die Landschaft erinnert uns sehr an den Süden Spaniens mit den kargen Äckern und wenig Grün. Je nach Boden wechselt das Erscheinungsbild, mal ocker, mal grüner, mal mit mehr und dichteren Bäumen. Einmal muss ich stoppen, um eine Schafherde vorbeizulassen, die von ihrem Schäfer auf die nächste Weide getrieben wird.

Schließlich kommen wir an der Villa Casale an und beginnen den Rundgang. Die Villa ist vor allem für ihre vielen Mosaike bekannt, die jahrhundertelang unter Schlamm begraben waren und erst in den 1950er Jahren freigelegt wurden. In jedem Raum gibt es detailreiche Bilder und Muster, die man von oben bestaunen kann. Berühmt ist vor allem die Darstellung von Athletinnen, die eine Art Bikini tragen. Aber wir sind uns einig, dass wir noch nie so viele und gut erhaltene Mosaike gesehen haben, die Vielfalt und Detailliertheit der Bilder ist einzigartig!

Retour geht es wieder ans Meer, in den Ebenen hinter den Küstenorten werden die Gewächshäuser immer mehr, drinnen lassen sich Tomaten oder Paprika erahnen. Dicht an dicht stehen sie und bestimmen den Charakter der Landschaft. Wir machen noch beim schönen Leuchtturm von Punta Secca halt, bevor wir uns für die Nacht in der Marina die Modica einparken.

Gleich am nächsten Morgen fahren wir nach Modica, das in einer Y-förmigen Schlucht liegt. Der Wind hat wieder aufgefrischt, aber diesmal scheint er vom Meer zu kommen und ist wärmer. In Modica wandern wir durch die Unterstadt. Wir besuchen die alte unterirdische Kirche San Nicolo, die erst in den 1987 Jahren durch Zufall gefunden worden war. Ich stelle mir vor, welche Menschen hier im 12. Jahrhundert wohl gebetet und wie sie gelebt haben.
Pflichtadresse für alle, die feine Süssigkeiten lieben, ist die Antica Dolceria Bonajuto, wo Schokolade, Kekse und allerlei aus Mandeln und Pistazien im eigenen Betrieb hergestellt werden. Wir nehmen unterschiedliche Schokoladen und zweierlei kandierte Orangenschalen mit – einmal in Zucker und einmal in Honig gekocht. Dann wandern wir die Gassen und steilen Treppen hinauf zum Dom. Auf den Stufen vor dem Dom  kosten wir von de in Honig kandierten Orangen. Köstlich… und das ganze noch mit der Aussicht!

Dann gehen wir durch verwinkelte Gassen hinauf zum Belvedere weiter, von wo man einen Blick zurück auf die Stadt in der Schlucht hat. In den kleinen Hinterhöfen sind kleine Autos teilweise abenteuerlich eingeparkt, hängen Müllsäcke zur Abholung an Haken von den Balkonen bereit und überall stehen Häuser zum Verkauf.

Wir nehmen uns aus einem Kaffee noch Cannolis gefüllt mit Ricotta mit und fahren dann in Richtung Noto weiter. In Noto gibt es unzählige Kirchen, alte Paläste, alle in gelb gehalten. Der Hauptplatz ist mir fast zu pompös, vielleicht ist es aber auch die Zwangsbeschallung per Lautsprecher in der Fussgängerzone, die ich als unangenehm empfinde. Wir wandern ein wenig die Gassen hinauf und wenden uns dann wieder dem Hauptplatz zu. Im Cafe Sicilia kehren wir auf einen Cappuccino ein. Es gäbe im Cafe Sicilia auch feine Süßigkeiten, aber die Cannoli waren doch sehr üppig…

An diesem Abend fahren wir nach Süden auf die Halbinsel von Pachino hinaus und wollen eigentlich mal wieder auf einem Campingplatz einkehren – der wieder einmal geschlossen ist. Also schauen wir uns ein wenig um und finden dann zwischen den Dünen einen ruhigen und windgeschützten Platz für die Nacht. Der Sonnenuntergang ist diesmal auch ganz kitschig als die Sonne dramatisch im Meer versinkt.

In der Früh laufe ich gleich noch vor dem Frühstück zu den Dünen hinaus und mache ein paar Fotos im ersten Sonnenlicht. Immer noch ist es windig, aber nicht sonderlich kalt, die Welt riecht frisch und neu nach der Nacht. Wie ich das liebe!

Das nächste Ziel sind die Leuchttürme von Portopalo, dann fahren wir nach Marzamemi. Hier auf der Halbinsel sind wir übrigens am südlichsten Punkt von Sizilien, südlicher als Tunis. In Marzamemi machen wir einen Rundgang am Hafen und durch die alte Tonnara, die recht hübsch restauriert wurde und nun voller Restaurants und Bars ist. Im Sommer muss ja da schwer was los sein.

Und wir kaufen bei Campisi ein – einem alten Familienunternehmen, die nachhaltig gefangenen Fisch und Gemüse aus der Umgebung zu leckeren Aufstrichen und Konserven verarbeiten. Auch einige anti-mafia Produkte sind im Sortiment. Wer in der Gegend ist, sollte unbedingt hier vorbeischauen.

Dann geht es weiter nach Norden, auf die Halbinsel Maddalena, gleich südlich von Syrakus. Zwischen Noto und der Halbinsel werden die Zitruspflanzungen immer mehr, Zitronen- und Orangenhaine bestimmen das Landschaftsbild. Am liebsten würde ich stehen bleiben und selber ein paar Kilos ernten.

Auf der Halbinsel wollten wir eigentlich die gesamte Ostküste abgehen. Aber der starke Wind hält uns dann doch davon ab. Wir kommen bis zum Punta Travernara, schauen dann noch zum Leuchtturm am Capo Murro di Porco vor. Den restlichen Nachmittag chillen wir im warmen Bus und lesen und machen es uns gemütlich.

Am nächsten Morgen werden wir von Hundegebell geweckt. Diese Insel hat einfach zu viele streunende Hunde, die immer von irgendwem durchgefüttert werden. Nach dem Frühstück machen wir uns auf in Richtung Norden. An der Punta della Mola besuchen wir noch einen alten römischen Steinbruch. Rundherum stehen verfallene Häuser aus neuerer Zeit, man sieht auf einen kleinen Strand an türkisem Wasser, dahinter erstreckt sich die Steilküste in unterschiedlichem Gestein.

Im Wasser sieht man, wo die Römer ihre Steine geschnitten haben. Früher war das hier Festland, nun liegen die Schnittstellen unter Wasser. Und wir werden mit einem wunderbaren Ausblick auf Syrakus und dahinter der Etna belohnt. Es ist so schön, dass ich meinen Blick gar nicht losreißen kann. Und mache unzählige Fotos…

Wir fahren weiter nach Syrakus und schauen uns zuerst die alten Ausgrabungen an. Zuerst das römische Theater, dann das griechische, das noch beeindruckende Ausmaße umfasst. Man kann auch bis auf die Ränge hochgehen und sich vorstellen, wie die Vorstellungen damals wohl abgelaufen sind.

Im Ausgrabungsbereich gibt es auch noch die alten Steinbrüche, wo einer “Ohr des Dionysos” genannt wird. Und wenn man in die Höhle hineingeht, geht man wirklich einer Biegung nach ähnlich wie in einem Ohr. Anscheinend war hier die Akustik eine ganz eigene, aber bei den vielen BesucherInnen kann ich das nicht ganz nachvollziehen.

Dann wandern wir durch lange Strassen in Richtung Ortigia, der Halbinsel im Süden. Syrakus ist schon eine richtige Großstadt mit vielen Geschäften, viel Verkehr inkl. Stau und emsigem Hupen, vielen Menschen. Aber die Strassen sind viel breiter als in Palermo, alles scheint ein wenig geräumiger.

Wir gehen nach Ortigia hinein bis wir vor den Resten des Tempels des Apollos stehen. Dann wenden wir uns nach rechts und gehen durch kleine Gassen bis zum Dom und dem Hauptplatz. Weiter gehen wir zum Fort und dem Leuchtturm an der Spitze der Halbinsel. Leider ist die Burg dort wegen Renovierung geschlossen, obwohl wir dachten, dass diese schon abgeschlossen sei.

Auf dem Weg retour machen wir Rast in einem Kaffee auf ein Arancini, eine Minicalzone und ein Cannoli. Und mit neuer Energie starten wir den Weg retour durch die Gassen. Es lohnt sich hier, die klassischen Touristengassen zu verlassen und auch die östlich gelegenen Gassen zu erkunden. In den engen Gassen und Hinterhöfen gibt es auch immer etwas zu entdecken und hinter jeder Ecke verbirgt sich ein neuer Ausblick.

Am Ausgang von Ortigia packen gerade Händler ihre Waren auf einem Markt in der Via Emanuele De Beneductis ein. Ich erstehe noch Mandarinen, Orangen und ein paar kleine Fische für das Abendessen.

Dann wollen wir eigentlich noch bei Augusta Halt machen, aber es stinkt dermaßen stark nach den Raffinerien, dass wir beschließen weiterzufahren. Am späten Nachmittag kommen wir beim Campingplatz in Acireale an, der zur Abwechslung mal offen hat. Den Abend genießen wir gemütlich nach einer warmen Dusche und mit Heizung.

Hier geht es zum ersten Teil und zum dritten Teil der Reise:

2 Comments

  • Juliana 30. Januar 2018 at 19:40

    Hach, wo anfangen?! Die Tempel wäre endeutig etwas für mich aber auch diese weissen Felsen, die schönen Dörfer, diese Strände. Herrlich!

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    • alex 31. Januar 2018 at 8:54

      der süden war zwar flach, aber die tempel waren wirklich beeindruckend! aber wenn dann nur in der vorsaison! das muss im sommer die hölle sein!

      Reply

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